Eine Fahrt in die Altmühl-Region ist immer etwas Besonderes: Die Legschieferdächer und bunt glasierten Kirchtürme fallen aus dem Bild „Franken“ vollkommen heraus, bilden einen eigenen „Kulturdialekt“, der entlang der Altmühl – und nur hier – existiert: Altmühlfränkisch.
Hier die Route:
Ausgangspunkt soll Erlangen, Fürth oder Nürnberg sein.
Roth
Georgensgmünd (Abb. jüdischer Friedhof)
Ellingen
Weißenburg
Fossa Carolina
Schambachtal mit den Rodungsdörfern
Pappenheim
Steinbrüche bei Langenaltheim
Solnhofen
Mörnsheim
Dollnstein
GEORGENSGMÜND
Auf dem Weg ins Altmühltal liegt diese Station, in dem wir einen kurzen Halt einlegen: Die evangelische Stadtkirche St. Georg von Johann David Steingruber (1760) besitzt noch ihren originalen barocken Turm mit „Laterne“, Relikte der um 1900 neuzeitlich umgestalteten Kirche mit ihren grünglasierten Ziegeln.Die ehem. jüdische Gemeinde umfasste im 18. Jahrhundert etwa 35% der Bevölkerung, wovon die Synagoge sowie der jüdische Friedhof Zeugnis ablegen. Letzterer wurde von einem Juden „Jakob“ aus Roth um 1580 angelegt und besitzt noch heute etwa 1800 Grabsteine. Das Taharahaus von 1723 ist eines der ältesten jüdischen Totenwaschhäuser Bayerns. Tagsüber kann er besichtigt werden. Geheimtipp: Nach Voranmeldung ist das „Saazer Heimatmuseum“ geöffnet. Die nordböhmische Gemeinde siedelte sich nach 1945 in Georgensgmünd an. Im aufwendig renovierten Jagdschlösschen der Ansbacher Markgrafen besteht eine 2.500 Objekte umfassende Sammlunge über die Heimat der Vertriebenen. Tel. 09172/638945 (od. 6398987)
Sehenswert ist das Ortsbild, dessen Bezeichnung „Gmünd“ zeigt, dass hier der Zusammenfluss der Fränkischen und Schwäbischen Rezat liegt. Wo einst Eisenhammer- oder Papiermühlen angesiedelt waren, daran erinnert das 6 m hohe Wasserrad erinnert. Um 1900 wurde an dieser Stelle aus der Papiermühle das erste Elektrizitätswerk des Landkreises geschaffen. Georg von Ansbach-Brandenburg ist für den zweiten Teil der Ortsbezeichnung verantwortlich. Er führe die Reformation in seinem Territorium ein. 1792 wurde dieses Gebiet preussisch, 1806 bayerisch.
PLEINFELD
Das Industriedenkmal bei Pleinfeld sollte man unbedingt beachten. Hier wurde eine der frühesten Eisenbahnlinien geschaffen, deren Knotenpunkt in Treuchtlingen lag. Ganz in der Nähe findet sich auch der so genannte „Limesstein“, der im 19. Jahrhundert auf Wunsch des bayerischen Königs Ludwig I. gesetzt wurde, und der die Linie markiert, die durch die so genannte „Teufelsmauer die Welt des römischen Reiches von jener der Franken trennte. Ganz in der Nähe liegt das ehem. Römerlager „Sablonetem“, das wir jedoch links liegen lassen, da es Inhalt eine weiteren Tagesfahrt sein wird.
ELLINGEN
Die Deutschordensresidenz mit ihrem prachtvollen Schloss ist eigentlich eine Besichtigung im Inneren wert: Heute gehört die Anlage der Bayerischen Seen- und Schlösserverwaltung. Im Frühling ist der alte Schlosspark mit blauen Sternblumen (Cilla) übersät, ein Naturerlebnis, das kaum zu übertreffen ist… Die Stadt besitzt einige barocke Prachtbauten (Rathaus!) Da der Ort einen eigenen Besuch wert ist, sollte man sich nicht zu lange dort aufhalten, wenn man die Altmühl und ihre Schätze aufsucht (Ellingen & Weißenburg sind für Juni/Juli vorgesehen).
„FOSSA CAROLINA“ (KARLSGRABEN)
Die Vorläufer des heutigen Main-Donau-Kanals sind über 1200 Jahre alt. Ihre Spuren finden sich noch heute im malerischen Dorf „Graben“, benannt nach dem Versuch, Kaiser Karl des Großen an dieser Stelle um 800 n. Chr. eine erste Verbindung zwischen Donau, Altmühl und Main zu erschaffen. Es ist das bedeutendste Bodendenkmal des Mittelalters in Franken. Vom Ausgangspunkt der „Fossa Carolina“ reisen wir zu den frühen Spuren des Christentums in Franken. Von hier an finden sich typisch Graubündische Bautraditionen: Legschieferdächer und glasierte Ziegel, ein „Baudialekt“ der als „altmühlfränkisch“ bezeichnet werden kann.
Das idyllische Aussehen trügt: 793 scheiterten hier die Bauarbeiten an der strengen Witterung des Frankenlandes. Der Chronist berichtete: „Was die Werkleute tagsüber an Erde aushuben, das fiel des Nachts wieder in sich zusammen.“ Der lehmige Untergrund soll Ursache dafür gewesen sein, sodass der Kanal, der die schwäbische Rezat mit der Altmühl verbinden sollte, aufgrund der einbrechenden Regenperiode nicht fertig gestellt werden konnte. Auch Napoleon versuchte, das Vorhaben zu realisieren – und scheiterte. Erst unter König Ludwig I. sollte das Vorhaben zwischen 1836 und 1845 gelingen, auch damals eine große technische Leistung!
Das eindrucksvolle Monument des „Karlsgrabens“ lässt sich noch heute von Graben aus etwa einen Kilometer lang verfolgen. Ziel war der Königshof in Weißenburg, wo Karl der Große sich zeitweilig aufhielt. Die Idee einer europäischen Querverbindung von der Nordsee über den Main und die Altmühl zur Donau und damit bis ans Schwarze Meer ist somit mehr als 1000 Jahre alt. Erst 1992 wurde das Projekt mit dem Bau des „Europakanals“ endgültig verwirklicht. Die 3500 km lange Wasserstraße war damals umstritten, weil es die Natur einer Millionen Jahre alte Landschaft gefährdete. Auch damals gab es ähnliche Probleme wie im 8. Jahrhundert: Malm und Dogger bildeten Rutschmassen, an denen die Technik zu scheitern drohte. Seit 2006 ist das Gebiet als „Nationales Geotop“ ausgewiesen.
SCHAMBACHTAL MIT DEN RODUNGSDÖRFERN
Dettenheim, Bieswang, Geislohe, Osterdorf, Neudorf und Göhren gehören zu den sog. „Rodungsdörfern“, die bereits um 1400 bestanden und von den „Pappenheimern“ gegründet wurden. Die dort angesiedelten Bauern mussten den „Zehnten“ abliefern sowie Frondienste leisten. Dafür erhielten sie ein Lehen, d.h. ein Gehöft mit dahinter liegenden Feldern. Die so genannten „Grafendörfer“ sind noch heute vor allem landwirtschaftlich geprägt. Man spricht dort einen Dialekt aus Fränkisch und Alemannisch, dem Herkunftsgebiet der Pappenheimer.
PAPPENHEIM
Burg Pappenheim
Die über dem Städtchen thronende Burg war einst die Stammburg der Pappenheimer, die als Reichserbmarschälle des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation Getreue des Kaisers waren. Schillers Zitat „Ich kenne meine Pappenheimer“ setzte ihnen ein literarisches Denkmal.
Die Marschalle von Pappenheim hatten seit 1000 n. Chr. als Förster und Jäger die Oberaufsicht über die Wälder um Weißenburg. Um 1100 wurden weitere Ministerialen eingesetzt, um 1200 gehörte ihnen der Besitz, der daraufhin mit einer Burg ausgestattet wurde. Erst unter Ludwig d. Bayern ( 1334) wurden die Pappenheimer zu Reichsmarschallen ernannt und seither im Dienst der Kaiser als Gesandte und Feldherren tätig.
Zur Zeit Karls des Großen befand sich hier bereits eine „capitularis villis“, ein Königshof, der aus einer Palas (Königshaus) sowie Gesindehäusern, Werkstätten und Ställen bestand, in denen ca. 100 wehrhafte Siedler gelebt haben sollen. Geleitet wurde der Hof vom Grundherren Germunt, der das Gebiet an die Gräfin von Thungen, Reginsind, und ihren Sohn vererbte.
Galluskirche
Um 802 n. Chr. wurde die Kirche dem Hl. Gallus geweiht, ein Hinweis auf das Schweizer Kloster St. Gallen, zu dessen Gebiet es damals gehörte. Nach einer Sage soll Perachthold (=Berthold), der Sohn von Regiswind, der Gräfin von Thungen in der Schweiz auf seiner Heimreise nur mit Not einem Raubüberfall entkommen sein. Durch einen in einem Turm lebenden Wahnsinnigen, der sich für einen edlen Ritter hielt, wurde er gerettet, der Retter aber selbst getötet. Daraufhin ließ Reginuswind den Märtyrer bestatten und aus dem Turm eine Kirche errichten. 902 n- Chr. kam die Kirche in den Besitz Kaiser Ludwigs des Frommen. 1060 erfolgte eine Erweiterung, die 1060 durch den Eichstätter Bischof Gundekar geweiht wurde. Im Inneren der heutigen Friedhofskirche befinden sich Fresken aus dem 14. Jahrhundert. Zur Ausstattung gehört außerdem ein um 1520 vermutlich in Nürnberg geschaffener Altar. Das Sakramentshäuschen von 1486 verweist ebenfalls auf Nürnberg, wo es vermutlich im Umkreis von Adam Kraft geschaffen wurde. Bemerkenswert ist das ehemalige Tympanon aus karolingischer Zeit, das als Antrittstein vor dem Eingangsportal liegt!
Stadtresidenz von Leo von Klenze
STEINBRÜCHE BEI LANGENALTHEIM
Die Natursteine von Solnhofen gelten als die härtesten und dicksten der Erde. Prähistorische Versteinerungen wie der „Urvogel“ Archaeopterix wurden in den Steinbrüchen rings um Solnhofen entdeckt. Diese zu besichtigen ist vor allem für Kinder eine Entdeckungsreise in die Frühgeschichte. Das Verkehrsamt der Gemeinde Solnhofen gibt Auskunft über Führungen durch den Steinbruch (Tel. 09145/83 20 20).
SOLNHOFEN
Sola-Basilika mit Medaillon des Hl. Sola
Der Eingang zur heute evangelischen Kirche ist unscheinbar, doch verbirgt sich dahinter ein äußerst seltenes Baudenkmal aus karolingischer Zeit (780-950). Damals wurde dem Eremiten Sola hier ein Grabmal errichtet.
Am 3.12.794 n. Chr. hielt Kaiser Karl d. Große hier auf seinem Weg zur Fossa Carolina bei Weißenburg hier an, um dem Eremiten Sola einen Besuch abzustatten. Der 793 n. Chr. in „Husen“ lebende, aus England eingewanderte Anachoret versuchte in jenem zentral gelegenen Gebiet Frankens die „Heiden“ zum Christentum zu bekehren, – eine der eindrucksvollsten Begegnungen der Geschichte. Man stelle sich vor: Der prunkvoll ausgestattete Herrscher huldigt dem in einer Hütte lebenden „Missionar“. Karl schenkte Sola, der asketisch lebte und auf einem Esel reitend die Menschen zur Taufe bewegen wolllte, Grund und Boden, woraus sich „Solenhus“, Solnhofen, entwickeln sollte. Auf dem Wasserwege der „altmule“ könnte sich die Reise fortgesetzt haben. Auch in Herrieden, wo mit Karls Beichtvater Deocarus als Bischof wirkte, besaß er einen Helfer, der das Vorhaben der Christianisierung des Reiche unterstützte.
In der Kirche befindet sich das Hochgrab des Sola, in dem sich Teile seiner Knochen als Reliquien befinden. Nach ihrer Wiederentdeckung wurden Teile seines Leichnams 1991 der Kirche als „Leihgabe“ überlassen, – wohl die einzige evangelische Kirche, die Reliquien besitzt!
Bereits vor Errichtung der „Cella Solis“ zwischen 755-794 hatten an dieser Stelle zwei Vorgängerkirchen bestanden. Der karolingische Bau besitzt ein aus Ziegeln errichtetes Oratorium, ähnlich wie in Steinbach im Odenwald oder der Michaelskirche in Fulda. Der letzte Neubau wurde um 819 n. errichtet, als Hrabanus Maurus Bischof von Fulda war. Damals erhielt die Basilika auf einer vergrößerten Grundfläche ihre Ausstattung mit doppelten Säulenreihen. Nach der ersten Zerstörung in der Reformationszeit folgte 1782 ein weiterer Abriss. Noch sichtbar ist jedoch der Stützenwechsel von 3 Säulen und je einem Pfeiler. Der römisch anmutende Fußboden könnte mit Spolien gebildet worden sein. Auch die „Enthasis“, die leichte Schwellung der Trommelsäulen sowie die prachtvollen Kapitelle wirken antikisch.
Am Pfarrhaus befindet sich über dem Eingangsportal ein Medaillon, das vermutlich Karl den Großen zeigt, der mit einem mit Perlen besetzten Diadem und einer Fackel in der antiken Tradition des „Sol invictus“ erscheint. Die Gestalt des unbesiegbaren Sonnengottes lässt eine Reihe von Vermutungen zu. Zudem gibt es aufgrund der Namensähnlichkeit „Sol“ – „Sola“ weitere Interpretationen. Das Tondo wurde 1958 abgenommen und beschädigt. Das Original des aus dem 9. Jahrhundert stammenden Reliefs war ursprünglich farbig gefasst. Es hat einen Durchmesser von 46 cm und befindet sich heute im Besitz der Bayer. Sammlungen.
Bürgermeister-Müller-Museum
Ein Museum, das frühgeschichtliche Funde wie die beiden Exemplare des Archaeopteryx und die vielleicht wichtigsten Drucktechnik der Neuzeit – der Lithografie – unter einem Dach vereint, ist eine Seltenheit. Der erste Archaeopterix weltweit wurde unweit Solnhofens im Jahre 1861 entdeckt. Er ist der Beweis für die Lehre Darwins: Aus dem Reptil entwickelte sich der Vogel Archaeopteryx, das „Zwischenglied“ beider Gattungen. Vor 150 Mill. Jahren lebten im Jurameer in dieser Region etwa 600 Tierarten, etwa Flugsauriere, Seeligen, Kugelzahlfische, Seekatzen, Rochen u.v.m. Darüber hinaus ist der Solnhofener Kalkstein seit der Entdeckung Aloys Senefelders um 1796 bis heute das Basis-Material der Lithografie. Das Druckverfahren wird bis heute weltweit von Künstlern verwendet. Auf Wunsch können Sie Lithographievorführungen buchen. Auch eine Museumsführung ist empfehlenswert (Tel. 09145/83 20 20). Geöffnet von April-Okt. 9-17 Uhr.
MÖRNSHEIM
Hier empfiehlt sich eine Rast in einem der schönen Gasthäuser!
DOLLNSTEIN
Der Marktflecken besitzt noch mittelalterliche Burgmauern. Von hier aus kann man ins Wellheimer Trockental, dem so genannten „Urdonautal“ aufbrechen.
Spindeltal
Selbst in dieser urzeitlichen Landschaft, die das Flussbett des Stroms Donau war, ist eine kunsthistorische Rarität zu entdecken: Die Wallfahrtskirche Spindeltal. Die Kapelle wurde 1478 „Unserer Lieben Frau“ geweiht und steht heute als Ruine zwischen den Bistümern Eichstätt und Augsburg. Das Original einer 1931 in Ensfeld wieder entdeckten Marienfigur ist einen Halt wert!!! – Von hier aus ist die Rückfahrt über die A9 zu empfehlen.